Es fing ganz harmlos an: Eigentlich wollte ich nur eine Rosensorte nach meiner Freundin benennen lassen - als Geschenk zum Geburtstag.
Ich schrieb also diverse Rosenschulen an, stöberte und postete in Diskussionsforen und war ziemlich schnell ziemlich ernüchtert:
So eine "Rosentaufe" (wie es im Fachjargon heißt) kostet einige tausend bis zehntausend Euro. Ich war schockiert.
Naja, so im Nachhinein war ich auch vielleicht etwas blauäugig an die Sache herangegangen, denn die Zucht einer neuen Rosensorte bis zum Vertrieb ist ein aufwendiger und langwieriger Prozess.
Jetzt, wo ich mich schlauer gemacht habe, weiß ich: Von der Bestäubung bis zur Marktreife vergehen 7 Jahre und mehr, von 50.000 Kreuzungsversuchen schaffen es am Ende vielleicht 5-10 Rosensorten.
"So schnell lasse ich mich nicht unterkriegen" dachte ich mir und stöberte im Internet nach "Hobby-Rosenzüchtern".
Hobbyzüchter, die schon selbst Rosensorten gezüchtet haben, möchten für eine Rosentaufe "nur" 1.000 EUR haben. Aber auch das war mir zuviel, so dass ich beschloss, selbst als Rosenzüchter aktiv zu werden.
Trifft man so eine Entscheidung in der richtigen Jahreszeit, nämlich Ende des Jahres, kann man recht schnell loslegen, auch wenn dabei eine gezielte Zucht noch nicht möglich ist.
Die ersten Versuche
Für den Anfang machen wir noch keine Kreuzungsversuche. Wir möchte nur neue Rosensorten unser Eigen nennen, darum beginnen wir einfach mit der Aussaat von Rosensamen.
I. Einsammeln
Der Anfang ist ganz leicht: Man zieht los und sucht an winterlichen Rosensträuchern (keine Wildrosen, die sind sortenrein) nach komplett ausgereiften Hagebutten. Schnell hat man so eine beträchtliche Zahl eingesammelt, die man zuhause dann schön entkernen kann.
Aber im Gegensatz zu Kirschmarmelade brauchen wir nur die Kerne aus den Hagebutten.
II. Aussaat
Zuerst wässere ich die Rosensamen immer ein paar Tage lang. Dabei sieht man schnell, dass einige Rosensamen auf den Boden absinken und einige weiter an der Oberfläche schwimmen. Die schwimmenden Nüsschen sind nicht mehr keimfähig, so sagt man, und die werden meistens aussortiert.
Ich selbst gehe das Risiko nicht ein, dass ich eventuell eine tolle Rosensorte verpassen könnte und so säe ich alle Samen aus. Platz genug ist vorhanden, also warum nicht?
Nun zur eigentlichen Aussaat:
Man nehme magere Anzuchterde, fülle sie in eine flachen Aussaatschale und platziere die kleinen Rosennüsschen in Reihen ca. 1 cm tief im Substrat.
Das Ganze muss jetzt kühl und feucht gehalten werden (wenn es zu warm wird, verfallen die Rosensamen in eine Art "Sommerschlaf" und keimen nicht mehr bis zur nächsten Kälteperiode. Man kann sie aber wieder aufwecken, indem man sie für 2 Wochen in den Kühlschrank verfrachtet), bis alle Samen gekeimt haben.
III. Keimung
Nach ca. 4-8 Wochen strecken sich dann die ersten kleinen Rosen der nicht vorhandenen Sonne entgegen.
Die Freude über die ersten Erfolge sind groß:
Man erkennt die kleinen Rosen meistens sehr gut an den großen, runden, gezackten Blättern und viele Sämlinge haben auch schon die noch weichen Stachelansätze am "Stamm".
IV. Vereinzeln
Nach und nach kommen so viele der gesäten Rosen an die Oberfläche. Sobald sie 4-6 Blätter entwickelt haben, werden sie in eigene Töpfe mit richtiger, gehaltvoller Erde gepflanzt, damit sie genug Nährstoffe für ihre Entwicklung bekommen.
V. Pinzieren
Wir möchten natürlich einen schönen, buschigen Rosenstrauch und nicht nur ein spieriges Etwas bekommen, darum ist es wichtig, rechtzeitig mit dem Pinzieren anzufangen.
Dazu wird der oberste Neuaustrieb einfach mit den Fingernägeln oder einer Pinzette abgezupft. Das regt den seitlichen Neuaustrieb an und die Pflanze wird später buschiger.
VI. Auspflanzen
Ist die kleine Rose groß genug, kann sie in Freie entlassen werden. Dazu kann man sie einfach aus dem Topf nehmen und sie schön sonnig, ohne dass sie zuviel Wind ausgesetzt ist, pflanzen.
Natürlich weiß man nicht, welche Eigenschaften sie haben wird (Anfälligkeit für Schädlinge, Pilze, usw.), darum ist es wichtig, dass man immer ein Auge auf sie hat und ggf. eingreifen kann.
![Rosensämlinge im Rosenbeet](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgcIlLRJkwI-yQ-RdYThP_lPnd6N8pdk0wc8DWQ5qPINEim7LerC2sjMNGlra5JMmBGx6G2HE5Taxihkup86UER9X_Fjqv-PFyd3YlWXVEz8XSSwD3cJQ3OWN4_Be8KuCYFlkDHQkYT0StK/s400/auspflanzen.jpg) |
Ausgepflanzte Sämlinge. Noch sind die Namensschilder leer... :-) |
VII. Selektion
So ist die Natur: Nur die stärksten bleiben übrig. Und so wird es auch unseren Sämlingen ergehen.
Dadurch, dass wir die Samen von Hybriden, Hundebesitzer würden "Mischlings-Rosen" dazu sagen, ausgesät haben, weiß man nie, was herauskommt.
Die kleinen Rosen tragen ja die Genvielfalt ihrer Vorfahren in sich, sowohl mütterlicher, als auch väterlicherseits. Und so entsteht aus einer Hagebutte eine kleine Vielfalt neuer Rosen mit unterschiedlichen Eigenschaften.
Leider sind bei den kleinen Sämlingen auch immer einige kränkliche Pflanzen dabei, die über einen gewissen Grad der Entwicklung nicht hinauskommen. Sie bleiben kümmerlich, setzen schnell Pilz- und Schimmelkrankheiten an und werden nicht alt.
Das mühsame Aufpäppeln dieser Exemplare ist ziemlich sinnlos, auch wenn es am Anfang schwer fällt, sie auszusondern.
Aber einige kräftige Exemplare werden es schaffen und pinziert man sie gleich zu Anfang, entstehen daraus kleine, buschige Rosensträucher.
Einige schießen auch gleich in alle Richtungen aus und man erkennt schnell, dass es sich dabei nur um Bodendecker oder Schlingrosen handeln kann.
Viele Sämlinge fangen noch im selben Jahr an, kleine Blüten zu bilden. Diese erste Blüte kostet der Pflanze aber sehr viel Kraft und so sollte man sie eigentlich gleich entfernen.
Für mich ist es aber immer unheimlich schön, diese ersten Blüten aufblühen zu sehen, weil man schon erahnen kann, wie sie später einmal aussehen wird (nächstes Jahr kann sie aber schon wieder etwas anders aussehen, wenn sie fertig entwickelt ist).
![Erste eigene Rosensorte](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjzFk000wZ09RDGNAakzn6oJg49PqlQCYS8dYYkr4Q905BOe6oZ57BfgIDNZaB2Z-3LUAB4lI4hkUCIT2uyiahB4OQPYP-VEewU13ik6TOmJN10__ivFR1pYVBIACqcd5JsWGIiVvEAcz4k/s320/s%C3%A4mling+III.jpg) |
Das war meine allererste eigene Rosensorte! Leider hat sie den Winter nicht überstanden. :-( |
Eines merkt man dabei schnell:
Man braucht sehr viel Geduld bei der Rosenzucht, denn man denkt hier nicht in Zeiträumen von Wochen oder Monaten, man muss in Jahren denken, was heutzutage vielen Menschen schwer fällt.
Vielleicht ist es gerade diese Ruhe, die mich so fasziniert, denn hier kann man nichts beschleunigen - es dauert solange es dauert.
Und wenn in diesem Jahr keine schöne neue Rose entstanden ist, dann vielleicht im nächsten...
VIII. Rosentaufe
Das Kind braucht natürlich einen Namen. So ist es selbstverständlich, dass eine neue Rosensorte auch einen würdigen Namen bekommt, wenn sie die Selektionsphase überstanden hat.
Blättert man durch die Rosenkataloge, so sieht man, dass viele Rosen nach bekannten oder unbekannten Persönlichkeiten benannt wurden (Heidi Klum, Nina Weibull), nach Städten (die Stadt Oldenburg hat sich für die Bepflanzung ihrer städtischen Anlagen eine eigene Rosen züchten lassen) oder auch nach ihren Eigenschaften (Duftgold).
Man hat bei der Benennung seiner eigenen Rosen die freie Auswahl, was die Sache noch schwieriger macht!
So haben wir bisher nur eine einzigen Rose mit einem Namen versehen, die bodendeckende Rose mit den kleinen, weißen, duftenden Blüten: Unser "Schneemädchen"
![Sämling](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg33XGUD5bvrcCGnR8yEUH0y09VltfoTNRR4FdRAWKAGHAAR8YLGwifED23cCs3Kdiz5qAQvviQFVA-evHJTXAUnwGSp766XvjUiixGUlMaOpJBZ7wN65WQu6WH1kzStftz9PWOU2FCw_4F/s320/s%C3%A4mling+I.jpg) |
Rosablühender Sämling bei erster Blüte |
![Züchtung "Schneemädchen"](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiLVwv2SIYerpcQtMZjeQu1fbHcacr8RdQZ3tW68a1VkvEStYY6T6DPSt14pSFlo9DfJ2AUxEmdt-KxrfnFGbcf3-JfW2Li_YR5qD1mkMggH-7SGPbIIcvGnw9Ic03blshvrdkst0TrpN4w/s320/schneem%C3%A4dchen.jpg) |
Bodendecker "Schneemädchen" |
Einen ruhigen Sonntag,
Marco